Samstag, 20. Oktober 2012

by quengelexemplar on 10/21/2012

Am Morgen finden wir beim Decken des Frühstückstisch nicht den Aufschnitt im Kühlschrank, den ich doch am Vorabend extra für diesen Anlass gekauft habe. Nach einigem Rätseln finden wir die Lösung, respektive die Wurst und den Käse, in einem Jutebeutel auf dem Küchentisch, wo sie die Nacht über schön vor sich hingereift sind. Anscheinend hat mich beim Einräumen des Einkaufs irgendetwas abgelenkt, weswegen ich einfach nach der Hälfte damit aufgehört habe.

In den folgenden Minuten fahre ich den kompletten Selbsthassfilm mit Türenknallen und üblen Selbstbeschimpfungen. Für niemanden finde ich so abfällige Worte wie für mich selbst und ich weiß, dass mir das zu denken geben sollte. Stammt wahrscheinlich irgendwie aus der Kindheit. Ich habe da doch neulich diesen Text verlinkt.

Etwas später hat sich meine Wut zu Weinerlichkeit gewandelt:

“Lass’ mich einfach zurück! Es gibt viel bessere Männer als mich! Noch kannst du dich retten!”

“Ich will aber keinen Anderen!”

“Meine Güte, was hast du nur für einen komischen Geschmack!”

*

Apropos Selbsthass: der Bedarf an neuer Kleidung trieb mich heute durch diverse Geschäfte und somit Umkleidekabinen, deren Verspiegelung und Beleuchtung ja einzig darauf ausgelegt ist, dass Kunden sich elendig fühlen. Ich musste dann auch erst einen ganzen Berg kaufinduzierter Endorphine  in mir anhäufen, bis ich es über mich brachte, mir das Elend aus Fettwülsten, Pickeln und Narben in einem dieser Spiegel anzusehen und ich fühlte: nichts! Sicherlich keine Freude, aber auch keine Scham oder Trauer, wie es sonst so oft der Fall war. Ist das schon Body Acceptance oder einfach nur Resignation?

Vielleicht ist es auch bloß das Wissen, dass ich von jemandem geliebt und begehrt werde wie ich bin. Komischer Männergeschmack, wie gesagt.

*

Wie auch immer – das ist die Ausbeute. Docs mit weichem Leder, karierte Hemden und Shirts, um sie im Winter unter den karierten Hemden anzuziehen. Die Hemden leider nicht von Ben Sherman, sondern von S. Oliver und C&A. Mein innerer Skinhead darf wieder nur ein bisschen hinausschauen, aber nicht komplett zum Vorschein kommen. Mein innerer Skinhead ist nämlich arm.

Die andere Version der Geschichte habe ich schon bei Facebook gepostet, aber aufgrund der großen Beliebtheit will ich sie auch hier archivieren:

“Keine Ahnung, wie ich die letzten Stunden verbracht habe. Ich weiß noch, dass ich die Hamburger Meile betreten habe und als ich wieder zu mir kam, hatte ich viele Tüten in den Händen und kein Geld mehr auf dem Konto.”

*

P.S. Die hier kaum heute an. Alle sollten sie sich kaufen. Nicht nur, weil die Musik sehr schön ist, sondern auch, weil die Einnahmen der Frau und dem Sohn von Nils Koppruch zugute kommen. Ich werde sie jetzt erstmal eingeschweißt lassen, bis ich mich wieder in der Lage fühle, mir das Album anzuhören.

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