Archive of published posts on November, 2012

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Mittwoch, 21. November 2012

11/23/2012

Hallo Frau und Herr S.,

nun haben wir nochmal einen Tag über die Frage nachdenken können, ob wir in die Wohnung einziehen möchten und sind immer noch ganz begeistert von  der Vorstellung. Es wäre so toll, endlich Platz für alles, was wir uns vorstellen zu haben. Die Raumaufteilung ist wirklich perfekt und entspricht  all unseren Wünschen und Bedürfnissen. Nicht nur hat es uns in ihrem Haus sehr gut gefallen, auch die umliegende Gegend finden wir sehr  ansprechend und wir wären unheimlich dankbar, in Bergedorf ein neues zu Hause zu finden. Wir denken zudem, dass das gestrige Gespräch schon  gezeigt hat, dass wir uns sympathisch sind und ein Zusammenleben unter einem Dach sehr unkompliziert funktionieren würde.

Wir hoffen also sehr, dass Sie uns den Zuschlag geben. Dann können sich auch unsere hyperaktiven Hunde einmal kennenlernen.

Herzliche Grüße

Stephanie H. + Tobias V.

P.S. Unser Hund Schröder bestellt übrigens schöne Grüße. Er findet es toll, dass er auch in die Wohnung einziehen dürfte. Die meisten anderen  Vermieter sind da leider nicht so nett.

 

Dem Ganzen hing noch ein Foto von Schröder an, wie er süß in die Kamera glotzt. Ich denke, nun haben wir alles getan, was in unsere Macht stand.

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Dienstag, 20. November 2012

11/23/2012

Unsere hoffentlich zukünftige Vermieterin hat keinen Bock. Man sieht ihr an, dass sie sich in den letzten Tag intensiver mit Mietercasting beschäftigt hat, als es ihrer seelischen Gesundheit zuträglich war. Aber nun sind wir schon mal hier und da führt sie uns auch tapfer durch die Wohnung unserer Begierde.

Wo wir jetzt wohnen, wohnen wir nicht schlecht. Man wird nicht viele Unterkünfte finden, die zugleich so günstig und zentrumsnah sind. Und die Nachbarn sind sehr verträglich, was ein nicht zu unterschätzender Faktor ist. Ich weiß das, seitdem mir mal ein Nachbar gedroht hat, die Türe einzutreten.

Wo wir jetzt wohnen, wohnen wir aber auch nicht gut. Die diversen Schulen in der Nähe sorgen für die stetige Anwesenheit kleiner Schmutzfinken, deren Müll der Hund mit Begeisterung aus den Gebüschen zieht. Außerdem leben wir beengt. Im briefmarkengroßen Badezimmer kann man sich gleichzeitig überm Waschbecken die Zähne putzen, auf der Toilette sitzen und sich in der Dusche die Füße waschen. In der Küche bringen wir keine Spülmaschine unter. Seitdem der Kühlschrank langsam den Geist aufgibt und wir kein anderes Exemplar finden, dass in der Küche Platz findet, hat unsere Immobiliensuche intensive Ausmaße angenommen.

Da die Wohnungsnot in Hamburg schon sprichwörtlich ist, kann diese Suche eine müßige Sache sein. Selbst wenn du alle Immobilienplattformen und alle guten Geister bemühst, gibt es im Grunde nur ein Rezept: unverschämtes Glück.

Und so laufen wir, uns selbst Daumen drückend, durch diese großzügige Wohnung und versuchen, uns das scheußliche Vormietermobiliar wegzudenken. Was da noch übrig bleibt, ist außerordentlich toll. Fast schon ein Traum. Hier hätten wir endlich Platz, für alles, was uns so vorschwebt. Eine Minibar, wilde Tänze! Und eine Badewanne gibt es auch! Während wir uns so durch die Räume schwärmen, taut auch die Vermieterin angesichts unseres Strahlens langsam auf.

Später sitzen wir noch in ihrer Küche, ihr Mann und ihr hyperaktiver Hund gesellen sich dazu und es es entwickelt sich ein richtig nettes Gespräch. Faire Leute sind da, keine Miethaie. Die wollen nur zuverlässige Menschen in ihrem Haus, was ich verstehen kann. Unsere Gehaltszettel können da leider nicht ganz so viel Sicherheit geben. Trotzdem: sie kann sich durchaus vorstellen, uns die Wohnung zu geben. Uns und 4 anderen. An der Türe verabschiedet sie uns mit: “Schön, Sie kennengelernt zu haben.”

Wenig später laufen wir durch die beschaulichen Straßen Bergedorfs mit all seinen Restaurants, Cafés und alten Häuschen und träumen von einem neuen Leben hier. Ein Leben, auf das wir eine immerhin 20prozentige Chance haben.

 

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Montag, 19. November 2012

11/22/2012

Ich sah an der Haltestelle ein Mädchen mit lila Haaren,
die ich von damals kannte,
nur da war sie noch
kein Mädchen mit lila Haaren.
Und ich dachte, schön, du hast doch
damals schon
immer von Hamburg gesprochen
und nun hast du es geschafft
und lebst hier
als Mädchen mit lila Haaren.
Ich als klappernde Maschine mit letztem Dampf
und du als Mädchen mit lila Haaren

schwebst
durch mich hindurch,
es gibt dich nicht.
Nicht so, noch Anfang 20,
du musst mit mir 30 geworden sein,
da fällt man nur komisch auf
als Mädchen mit lila Haaren.
So geht dieser Tag vorbei
wie Mädchen mit lila Haaren,
die nicht du sind
und ein Mann, der nicht mehr ich ist,
presst in ein fremdes Kissen seinen Kopf,
durch den immer noch lila Haare wehen.

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Sonntag, 18. November 2012

11/20/2012

Der Abgrund soll aufhören in mich reinzuglotzen. Dieser Tage ist jeder Moment der Ruhe, jedes Glücksgefühl fragil, es braucht nur die Schatten gewisser Gedanken und ich kippe. Weltschmerz als Ohrwurm. Der Haushalt lenkt meine Gedanken ab und trübt sie weiter ein. Ständig muss ich mich hinsetzen und mich dann durch die Erinnerungsfunktion triezen lassen, weiterzumachen mit der Wäsche, dem Spülberg.

Themenwoche “Leben mit dem Tod”. In der ARD geht es um Trauer, Leben mit dem Wissen, bald sterben zu müssen, den Prozess des Sterbens selbst. Als der alte Mann in dem Bericht seinen letzten Atemzug tut, komme ich zur Ruhe. Dann erklingt das Signal der Erinnerungsfunktion.

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Samstag, 17. November 2012

11/19/2012

Gewohnheiten, Gewohnheiten. Jeden Abend setze ich mir erstmal hin und poliere meine Gewohnheiten. Die alten Gewohnheiten glänzen am meisten, weil gewohnte Gewohnheiten mir die liebsten sind. Umso spektakulärer, wenn vor diesem grau-grauen Hintergrund neue Pflänzchen zart erblühen. Es erblühen… Trommelwirbel!… Kochen und Radio hören. Ja, das Leben bleibt spannend. In meinen bevorzugten Radiosendern schwätzt man möglichst klug daher und spielt gerne 10 Minuten lange Coltrane-Stücke. Auch beim Kochen reizt mich Herausforderndes. Alles ist herausfordernd. Ich brauche ewig. Den ganzen Samstag verbringe ich mit Einkaufen, Schnippeln, Abwiegen, Abmessen, Braten, Kochen, Umrühren. Das Ziel: ein wahnwitzig komplexes Chili con Carne – Zutaten u.a.: Bier, Kaffee, Backkakao! Normale Menschen hätten es bestimmt geschafft, nebenbei noch den Haushalt zu machen. Mit gelingt es lediglich, nebenbei den Haushalt zu verwüsten. Aber mir gelingt auch das Essen. Ein triumphales Gefühl, an das ich mich möglichst schnell gewöhnen will.

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